Musterfeststellungsklage: VW contra Dieselkunden-Anwälte

Noch zwei Wochen bis zur Verhandlung über die Musterfeststellungsklage. Auf den letzten Metern kämpfen Anwälte um Mandanten und um die Deutungshoheit über das Verfahren. Die Frage, warum VW seine deutschen Kunden nicht ebenso wie US-amerikanischen Kfz-Besitzer für die Betrugs-Software entschädigt, wird juristisch zerlegt und aufgerieben. Der Konzern muss die finanziellen Folgen von Dieselgate eindämmen – auch wenn Sympathiewerbung für einen Autohersteller vermutlich anders funktionieren würde.

Aktuell äußert VW äußerte Zweifel an der beim Bundesamt für Justiz geführten Liste der von Dieselgate betroffenen Kunden. Rund 390.000 Kfz-Halter haben sich eingetragen. Nicht alle, so die VW-Anwälte, erfüllen die Voraussetzungen für das Verfahren.

Jeder fünfte Kläger ohne Anspruch?

Eine Auswertung der Liste Ende Januar habe gezeigt, dass zehn Prozent der Eintragungen Mehrfachanmeldungen oder Doubletten seien. 19 Prozent der Kfz-Halter in der Liste hätten ihren VW-Diesel erst nach dem 22. September 2015 gekauft. An diesem Datum informierte VW per ad-hoc-Mitteilung über die Manipulation an etwa elf Millionen Diesel-Pkw. Auch Kunden, die ein Auto kaufen wollten, wussten ab diesem Tag Bescheid, dass Fahrzeuge mit dem Motor EA 189 von Dieselgate betroffen waren, argumentiert VW. Kläger-Anwälte gehen dagegen davon aus, dass Autobesitzer erst dann im Bilde waren, nachdem sie das Kraftfahrt-Bundesamt auf die Betrugs-Software hingewiesen hatte.

Wirklich kriegsentscheidend ist die endgültige Zahl der Anmeldungen nicht, da 50 Kläger für ein Musterfeststellungsverfahren reichen. VW ist aber – ähnlich wie den Anwälte von Individualklägern – daran gelegen, die Schwachstellen des Musterverfahrens aufzuzeigen. Es sei nicht vor dem Jahr 2024 mit einer Entscheidung zu rechnen, berichten die Juristen. Danach müssten die Kunden ihre individuellen Ansprüche in Einzelverfahren beziffern lassen. Am Ende stünde für viele Pkw-Besitzer unterm Strich wohl eine Null, da eventuelle Schadenersatzansprüche in der Regel mit der Nutzungsentschädigung für den Betrugs-Pkw verrechnet werden. Der Kunde fährt ja weiter mit seinem Auto, so dass die Gerichte in einer großen Zahl von Fällen einen Schadenersatz entsprechend niedriger ansetzen.

Weitere Musterverfahren im Ausland

In Australien einigte sich VW gerade mit etwa 100.000 Autobesitzern auf eine Entschädigung von durchschnittlich 1400 Euro pro Pkw. Eine Blaupause für Deutschland sei dies aber nicht, teilen die VW-Anwälte mit. In einer ganzen Reihe von weiteren Ländern stehen ähnliche Verfahren wie in Deutschland an. Und auch dort wird VW versuchen, abzuwehren, was nur geht. Rund 30 Milliarden Euro kostete der Skandal VW bereits. Mehr darf es aus der Sicht des Herstellers einfach nicht werden.