VW baut Batteriezellen, will aber keine echte Gigafactory

80 Elektro- und Plug-in-Hybrid-Modelle will VW bis 2025 auf den Markt bringen. Bisher ist unklar, woher die Millionen dafür nötigen Batteriezellen kommen sollen. Jetzt nimmt der Hersteller auf Drängen seines Betriebsratschefs Bernd Osterloh bis 2024 eine Milliarde Euro in die Hand und baut eine Zellenfertigung in Salzgitter. Sie soll eine Kapazität von 16 Gigawattstunden im Jahr haben. VW-Einkaufsvorstand Stefan Sommer stellte aber klar: Eine wirklich große Gigafactory will der Konzern nicht in Eigenregie betreiben.

Der weltweite Bedarf an Batteriezellen wird für das Jahr je nach Schätzung mit 1000 bis 1500 Gigawattstunden angesetzt, für das Jahr 2050 auf 3500 bis 6000 Gigawattstunden. Volkswagen selbst schätzt seinen Bedarf für 2025 auf über 300 Gigawattstunden.

Milliarden-Kosten für Batteriezellen

Für zehn  Gigawattstunden rechne er mit rund einer Milliarde Euro Kosten, sagte VW-Vorstand Sommer. „Das Ganze müssen wir investieren, obwohl es noch gar keinen funktionierenden Markt für die Zellen gibt.“ Schließlich würden auf den Straßen immer noch in erster Linie Autos mit Verbrennungsmotoren fahren. VW wolle deswegen das Risiko mit Lieferanten teilen. Zuvor hatten sich schon Bosch, BMW  und Daimler gegen eine eigene Zellfertigung entschieden. Die Unternehmen fürchten, dass chinesische Hersteller ihre Wettbewerber bei Bedarf mit Dumpingpreisen aus dem Markt drängen.

Die Autohersteller bauen aktuell Know-How auf, um ihre Zulieferer lückenlos überwachen zu können. In der VW-Pilotanlage in Salzgitter erproben zurzeit 300 Experten die Fertigung von Lithium-Ionen-Akkus. Unterstützung bekommt VW in Salzgitter durch das schwedische Start-up Northvolt, das von Ex-Tesla-Managern geführt wird. Vor kurzem ist VW bei Northvolt mit 20 Prozent eingestiegen. Das Start-up baut eine Gigafactory im Norden Schwedens. Sie dient als Blaupause für die VW-Fertigung in Salzgitter.

Das  Batteriezellen-Zentrum wird von Frank Blome geführt, den VW von Daimler abwarb. Er muss jetzt die Möglichkeiten der Zellen ausreizen. Wichtig ist eine hohe Energiedichte, damit pro Kilogramm Gewicht möglichst viel Leistung an den Rädern ankommt. „ Wir sind heute bei 260 bis 270 Wattstunden pro Kilo“, sagt Blome. Bis zum Serienstart hofft er auf 300 Wattstunden. Wirklich große Sprünge sind also nicht mehr drin. Erst mit Entwicklung der Feststoffbatterie wird aus den Akkus noch einmal deutlich mehr herauszuholen sein.

Bio und zu 90 Prozent recyclebar

Entscheidend ist für VW im Hinblick auf die Kosten die Recycling-Quote. Heute werden nach Unternehmensangaben 70 Prozent der Batterie wiederverwertet. 90 Prozent sollen es in wenigen Jahren sein. „Wir schmelzen nicht ein, sondern schreddern unter Schutzgas“, so Blome. So könnten maximal viele der in der Batterie verbauten teuren Stoffe zurückgewonnen werden. Seinen Kunden garantiert VW außerdem, dass die Zellen ausschließlich mit Ökoenergie gefertigt werden. Kinderarbeit sei für die Gewinnung der Rohstoffe wie Kobalt oder Lithium tabu.

Aktuell bezieht VW Zellen von asiatischen Herstellern. Unproblematisch ist das nicht immer. Denn Lieferanten wie LG Chem und Samsung arbeiten für verschiedenen Industrien gleichzeitig und stellen ihre Fertigung nur ungern gemäß der Spezifikationen der Autoindustrie um. Und sie betreiben knallharte Machtpolitik. Als klar wurde, dass sich in Europa verschiedene Unternehmen zusammentun, um selbst Zellen herzustellen, drohten sie mehr oder minder offen mit einem Lieferboykott.