Archiv für den Monat: März 2017

Daimler: E-Antriebe, Militärfahrzeuge und das konventionelle Geschäft

Die Welt der Autohersteller ist  zwiegespalten: Ihr Geld verdient die Industrie ähnlich wie vor 50 Jahren mit Verbrennern, die an Firmen und Privatleute verkauft werden. Ihre Zukunft sehen die Unternehmen – gezwungenermaßen, nachdem die Grenzwerte für Emissionen weltweit sinken – in alternativen Antrieben und dem autonomen Fahren. Am liebsten sprechen die Manager über ihre Innovationen, da macht auch die Daimler-Hauptversammlung keine Ausnahme.  Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche kündigt  hohe Investitionen an: Zehn Milliarden Euro will er für den Ausbau der Elektroflotte ausgeben, über zehn neue Elektroautos sollen bis 2022 auf den Markt kommen.

Die Aktionäre erwähnen die beeindruckenden Zahlen und die erolgreiche Modellpolitik lobend, ersparen Zetsche und dem Aufsichtsrat aber nicht den Hinweis auf aktuell schwierige Themen. Weiterlesen

DSW fordert von Daimler Klarheit beim Lkw-Kartell

Eigentlich, sagt Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, böten die Daimler-Zahlen ja Anlass für pure Freude für die Aktionäre. Eigentlich, denn es bleiben für den Aktionärsschützer ein paar Fragen, vor allem beim Lkw-Geschäft, dem Sorgenkind des Konzerns. Erst vor kurzem warf Wolfgang Bernhard als Chef der Sparte hin. Warum, ist bis heute nicht ganz klar, „persönliche Gründe“, wie sie Daimler-Aufsichtsratschef Manfred Bischoff  anführte, waren es sicher nicht.

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Daimler – HV: War da was?

Rekordmarken beim Absatz von Daimler, eine satte Dividendenrendite von 4,6 Prozent (3,25 Euro) – Vorstandschef Dieter Zetsche präsentiert seinen Aktionären auf der heutigen Hauptversammlung eine Erfolgsbilanz. Gerade mal drei Sätze widmet Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche bei seiner Eröffnungsrede den Ermittlungen wegen möglicher Diesel-Schummeleien in seinem Haus. Weder das Kraftfahrtbundesamt noch das Bundesverkehrsministerium hätte einen Verstoß gegen geltendes Recht festgestellt, sagte er.

Viel wichtiger als die Frage, wie viel Manipulation am Motor legal ist, sind Zetsche die beeindruckenden 2016er Zahlen. Mercedes überholte die Kernmarke des bayerischen Wettbewerbers BMW beim Absatz, auch das Jahr 2017 scheint daran nichts zu ändern. Seit vier Jahren steigt der Absatz von Mercedes-Autos von Monat zu Monat. Zuletzt wurde der Zuwachs vor allem durch die neue E-Klasse Limousine, die SUV und die weiter hohe Nachfrage nach der C-Klasse angetrieben.

Sowohl in China als auch weltweit sei Mercedes die führende Premiummarke, freut sich Zetsche. Die automobile Zukunft sei vielversprelchen.  Daimler treibe die Wende zur Elektromobilität voran, sowohl mit seinen elektrisch und hybrid angetriebenen Pkw als auch mit den Nutzfahrzeugen. Ab 2020 will Daimler seinen „Urban eTruck“ verkaufen, der vollelektrisch betrieben wird und mit einer Batterieladung 200 Kilometer Reichweite schafft.

Die Aktionäre dürften dem Vorstandschef noch Wasser in den Wein gießen. Die schwache Rendite der Lkw-Sparte fällt gegenüber dem Wettbewerber ab.  VW Neben dem möglichen Daimler-Dieselgate schreckt die Anleger außerdem die Buße, die für ein Lkw-Kartell fällig wurde, an dem Daimler beteiligt war. Eine Milliarde Euro musste der Konzern deswegen zahlen. „Wir arbeiten kontinuierlich daran, unser gemeimsames Verständnis von integrem Verhalten noch stärker im Unternehmen zu verankern“, sagte Zetsche. Allein 2016 hätten fast 73 000 Beschäftigte an Compliance-Trainings teilgenommen.

 

 

 

 

Autonomes Fahren: Bus im Kurort Bad Birnbach geht im Herbst an den Start

Bis zu zwölf Personen können voraussichtlich ab September in Bad Birnbach in einen autonom fahrenden Kleinbus steigen, der sie zum Bahnhof etwa 1,5 Kilometer auswärts des Ortskerns liegt. Das elektrisch angetriebene Fahrzeug wurde vom französischen Unternehmen Easymile gebaut, an dem der Zughersteller Alstom eine MInderheitsbeteiligung hält.

Der niederbayerische 5000-Einwohner-Ort wurde für das Modellprojekt ausgewählt, weil die Voraussetzungen für den Testbetrieb ideal sind, sagt Viktor Gröll, der Leiter der Birnbacher Kurverwaltung. Die Strecke zum Bahnhof verläuft nahezu kreuzungsfrei und ist nicht stark befahren. Der Regionalzug fährt im Stundentakt, jedoch lohnt es sich für den öffentlichen Nahverkehr nicht, zu jeder Stunde Fahrgäste am Bahnhof abzuholen und in den Ort zu bringen, so Gröll. „Das würde im Jahr ein paar hunderttausend Euro kosten.“ Der autonome Kleinbus wäre eine gute Kompromisslösung, sagt er. Die Klinik- und Kurgäste am Ort und Einwohner ohne Auto oder mit gesundheitlichen Einschränkungen würden den Pendelbetrieb vermutlich schätzeen.  Klappt der Betrieb, sei auch daran gedacht, den Robo-Bus ähnlich wie ein Ruftaxi einzusetzen. Er würde dann an jeder Haltestelle mit einem Daten-Update versorgt, um seine Route an die Wünsche der Fahrgäste anzupassen.

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Bosch / Nvidia: Kampfansage an Mobileye

Nvidia und Bosch bauen zusammen Systeme fürs Autonome Fahren – diese Kooperation hat das Potential, die Autoindustrie aufzumischen. Die Firmen stellten heute auf der Messe Bosch Connected World einen Rechner vor, der Künstliche Intelligenz ermöglichen soll, die komplexe Fahrsituationen schnell analysiert und darauf reagiert. Die Rede ist von einem neuen „Gehirn“ fürs Auto, klein genug, um in jedem Pkw verbaut zu werden.

Bosch kann bei diesem Projekt seine Expertise in der Vernetzung von Gegenständen einbringen – die Einbindung des häuslichen Kühlschranks und des Smartphones in die Bedienoberfläche des Pkw sollte für die Stuttgarter ein Kinderspiel sein. Nvidia-Chef Jen-Hsun Huang kündigte aber noch viel mehr an: Bis 2019 soll mit dem System Autonomes Fahren des Level 4 möglich sein, sagte er.

Wobei damit nicht gesagt ist, dass 2019 auch schon die ersten Autos mit dem System in Serie gehen. Dazu brauche es Sensoren, die mehr leisten als heutige Geräte, sagte Michael Fausten, bei Bosch zuständig für das Autonome Fahren. Aber auch Fausten räumt ein, dass Bosch/Nvidia mit dem neuen Angebot in direkte Konkurrenz zu Mobileye geht. „Mobileye ist unser direkter Konkurrent, und wir sind besser“, sagt ein Nvidia-Mann auf der Messe, will sich aber nicht gerne namentlich zitieren lassen.  Das israelische Unternehmen Mobileye liefert Kameras und Software fürs Autonome Fahren, freut sich über eine Partnerschaft mit BMW und VW freut und wurde gerade von Intel gekauft.  BMW erprobt in diesem Jahr in München Autos, die sich ohne Fahrer zurechtfinden (Stufen drei bis fünf) und hat das Autonome Fahren (Level 4) für 2021 angekündigt.

Jetzt also die Reaktion der Konkurrenz. Elmar Frickenstein, der für BMW das Autonome Fahren vorantreibt, reagiert gelassen. Die Systeme von Nvidia, Bosch, intel und Mobileye könnten in verschiedenen Konstellationen für BMW verbaut werden, sagte er.

Möglicherweise ist das aber nicht genau das Szenario, das Bosch anstrebt.  Schon bisher argwöhnten die Chefs der OEMs, Bosch-Chef Volkmar Denner verstehe sein Unternehmen nicht mehr nur als Zulieferer, sondern spiele sein eigenes Spiel. Diese alten Befürchtungen dürften wieder aufleben. Über seine smart Devices hat Bosch nämlich einen exzellenten Zugang zum Haushalt der Kunden. Mag sein, dass es keinen wirklichen Alltagsnutzen bietet, den Staubsauger vom Auto aus einzuschalten – ein witziges Feature dürfte es für techikaffine Kunden trotzdem sein. Jetzt muss es Bosch nur noch schaffen, mit den Daten der Kunden soziale Netzwerke aufzubauen oder Produkte für weitere Anbieter wie Versicherer oder Reiseunternehmen aufzulegen – dann dürfte Denner endgültig in den direkten Wettbewerb mit den Autoherstellern eintreten.

Experte: Autohersteller werden sich Chiphersteller kaufen

Intel kauft sich Mobileye, ein bemerkenswerter Deal allein angesichts des Kaufpreises: Angeblich 15, 3 Milliarden Dollar für den israelischen Sensorik- und Softwarehersteller mit 600 Beschäftigten. Warum so viel Geld?

„Die Nachfrage nach Smartphones, Laptops und PC stagniert“, sagt Gabriel Seiberth, Geschäftsführer im Bereich Automotive bei Accenture. Die Autoindustrie dagegen biete gute Wachstumsraten und verspreche im Zusammenhang mit dem Automatisierten Fahren neue Ertragsmodelle für Chiphersteller und Softwareunternehmen. „Das selbstfahrende Auto benötigt Prozessoren mit extremer Rechenleistung, um Millionen von Informationen in Echtzeit zu verarbeiten“, so Seiberth.

Bei Fahrerassistenzsystemen ist die Sensorik und Datenverarbeitung von Mobileye weltweit spitze, insofern ist das Investment von Intel nachvollziehbar.  „Intel erwirbt mit dem Unternehmen  nicht nur jede Menge Know-how, sondern auch Geschäftsbeziehungen mit einer Vielzahl von Auto-Herstellern und – vor allem – einen regelrechten Schatz an Fahr-Daten für das Trainieren von selbstlernenden Algorithmen“, erklärt Seiberth.

Spannend bleibt, welcher Deal als nächstes kommt, wie sich die Kräfteverhältnisse zwischen Autoherstellern und IT-Industrie in den nächsten Jahren verschieben werden. Die Pkw-Industrie hat bewiesen, dass sie sich nicht zu einem Hardwarelieferanten degradieren lassen wird. Autobauer, die über die interaktive hochauflösende Here-Karte die Daten ihrer Flotten austauschen, werden zu Plattformanbietern. Dies eröffnet die Perspektive auf neue Produkte und Dienstleistungen jenseits des gebogenen Blechs.

Volkswagen demonstriert zurzeit, wie es mithilfe eines Quantencomputers Verkehrsströme schnell und umfassend analysieren kann – ein Service, der beispielsweise an Megacities verkauft werden könnte. Die Autoindustrie wird nicht warten, bis die IT-Größen Zugriff auf das Geschäft mit der Mobilität nehmen, prognostiziert Seiberth. Damit wird der Prozessor immer mehr zum Kern der Architektur von autonomen Fahrzeugen. „Wir dürfen gespannt sein, ob die Fahrzeugbauer nicht ihrerseits bald auf Einkaufstour bei Halbleiterherstellern gehen.“

Interesse am selbstfahrenden Auto sinkt

Die automobile Welt ist zurzeit zweigeteilt: Die Kommunikation der Autohersteller und die Berichterstattung in den Medien beherrschen über weite Strecken die Zukunftsthemen  Autonomes Fahren und die E-Mobilität, in der Realität beherrscht der Verbrenner das Alltagsgeschäft. Jetzt räumt eine Deloitte-Studie mit der Vorstellung auf, die technologische Zukunft werde sich von alleinen durchsetzen. Fast drei Viertel (72) der Befragten in Deutschland hat Sicherheitsbedenken gegenüber Robo-Autos. Höhere Kosten, die entstehen, um das Autonome Fahren wirklich sicher zu machen, würden nur ein Viertel der Käufer akzeptieren.

Besonders skeptisch sind ältere Konsumenten – doch die sind es gerade, die die neuen Technologien bezahlen sollen. Autonomes Fahren und volle Konnektivität bieten Premium-Autos, allerdings die werden als Neuwagen praktisch ausschließlich von der Generation 50+ gekauft. Wollen deutsche Premiumhersteller die Technik vorantreiben, müssen sie wohl oder übel die Silver Ager umwerben, als seien sie technikaffine Millenials.

Der Opel-Motivator

Wie sich PSA-Carlos Tavares die Zukunft von Opel vorstellt

“Ich habe Glück”, sagt Carlos Tavares, Chef von PSA (Peugeot, Citroen, DS). “Ich lebe ein aufregendes Leben.” Der Brexit, Sorgen um die Stabilität des Euro, Unwägbarkeiten bei der Opel-Übernahme? Alles keine Probleme, von denen sich Tavares die Laune vermiesen lässt, das macht der Portugiese auf dem Genfer Autosalon klar. Tavares gibt den Motivator, spricht vom große Potential, das Opel berge, und kündigt an, der Marke größtmögliche Eigenständigkeit zu lassen. “Autos von Opel sollten von Opel entwickelt werden”, sagt er. “Das ist für den Stolz der Leute und die Zuversicht der Marke wichtig.” Auch die Preise will Tavares vom Opel-Management bestimmen lassen, eigentlich sollen alle wichtigen Entscheidungen weiterhin in Rüsselsheim fallen. Mit diesem Prinzip habe er bisher schon gute Erfahrungen gemacht: “Die Manager eines Herstellers verkörpern ihre Marke, sie atmen ihre Marke. Ich höre den Diskussionen der Marken-Chefs zu und unterstütze sie bei ihrer Arbeit.”

Und wenn unterm Strich kein Gewinn erzielt wird? Auf Dauer wird Tavares keine unprofitablen Strukturen dulden. Für den Brexit, der Opel im vergangenen Jahr die Rückkehr in die Gewinnzone verhagelte, empfiehlt Tavares einfache Gegenmaßnahmen: die lokale Zulieferlandschaft stärken, dann können Zölle und ungünstige Wechselkurse dem Hersteller weniger anhaben. Hört sich simpel an, dürfte in der Realität schwierig werden. Welcher großer Zulieferer würde sich auf ein englisches Abenteuer einlassen und Produktion von Kontinentaleuropa auf die Insel verlassen?

Dem Entwicklungszentrum in Rüsselsheim gibt Tavares immerhin die Zusicherung, dass sich die Arbeit der Ingenieure, die bisher auch für General Motors arbeiteten, nicht auf Opel beschränken werde. “Natürlich werden sie für PSA arbeiten und dabei mehr Entfaltungsmöglichkeiten haben. Die Gruppe wird fünf Marken umfassen, da gibt es viel zu tun.” Zudem sei die Übergangsperiode, innerhalb derer sich Opel endgültig von General Motors löst, lang – bis zur nächsten Generation eines jeweiligen Modells, also von heute ab gerechnet bis zu sieben Jahre. “Alles wird gut”, sagt Tavares.

Jetzt muss er nur noch recht behalten.