Archiv für den Monat: August 2017

Ex-Opel Mann Forster zuversichtlich für neues Hybrid-Lieferfahrzeug

Für deutsche Augen wird das Auto etwas ungewohnt aussehen, aber der Überraschungseffekt ist gewollt. Auf der IAA will die London Electric Vehicle Company LEVC ihr neues Black Cab vorstellen, das dann allerdings wegen seines Lacks besser Beige Cab heißen sollte. Das berühmte Londoner Taxi, optisch den deutschen Straßenverhältnissen angepasst.

Das Gefährt mit der markanten Form erlebt gerade einen spannenden Relaunch mit Hybridantrieb. Ab dem 1. Januar 2018 dürfen in London nur noch Taxen mit einer elektrischen Reichweite von mindestens 50 Kilometern neu zugelassen werden – dies nutzt LEVC-Eigentümer Geely für eine Marktoffensive, die über Großbritannien hinausreichen soll. Eine erste Bestellung über 225 Fahrzeuge für einen Amsterdamer Flottenbetreiber liegt schon vor, und am liebsten würde Geely-Mann Carl-Peter Forster gleich noch ein paar Hundert Autos nach Berlin, Stuttgart oder München verkaufen. Das Auto nutzt Technik der Schwesterfirma Volvo. Die Verbrennungsmotoren kommen von den Schweden, der E-Antrieb von Siemens und könnte in Zukunft von Geely in China hergestellt werden. Anfang Oktober sollen die ersten Autos in London ihren Dienst aufnehmen, Bürgermeister Sadiq Khan und sein Team wollen den Event nutzen, um für die neue Technologie zu werben. Das wohl beste Verkaufsargument von LEVC sind die im Vergleich mit Verbrennern günstigeren laufenden Kosten. Pro Woche, heißt es, spare ein Taxifahrer mit dem neuen Black Cab 100 Pfund. Dazu kommen unverzichtbare Features eines Londoner Taxis, vor allem der enge Wendekreis, der es dem Fahrer ermöglicht, ohne Rangieren umzudrehen, wenn am gegenüberliegenden Straßenrand ein Fahrgast mit der Hand winkt. Mit Testfahrten am nördlichen Polarkreis und in Arizona signalisiert LEVC den potentiellen Kunden robuste Technik. Die Anforderungen an ein Londoner Taxi sind schließlich extrem, die Angst der Taxler, mit einer Neuentwicklung des öfteren liegenzubleiben, könnte LEVC den Marktstart des neuen Modells verderben.

London Taxi Company
Cold Weather Test – Norway
20th February 2017
World Copyright: PatrickGosling/ Beadyeye
Ref: 170220-LTC-Cold_Weather_Test-Norway-092.CR2

Der frühere Opel-Vorstandschef Forster soll für Geely-Gründer Li Shufu LEVC aus der engen Londoner Nische herausführen. Erst einmal zog er zusammen mit Ex-Opel-Werkschef Wolfram Liedtke innerhalb von zwei Jahren ein neues Werk hoch, modernisierte gleichzeitig die Produktion in der alten Halle und entwickelte das neue Taxi. Als nächstes wird er auf der Plattform des Black Cab ein Lieferfahrzeug mit Hybridantrieb entwickeln. „Wir sind mit fast allen große Flottenbetreibern im Gespräch”, sagt Carl-Peter Forster. In ein bis eineinhalb Jahren kann das neue Auto fertig sein, verspricht er. Große Kunden wie Amazon dürften zunächst 50 oder 100 Stück kaufen. „Wenn’s funktioniert”, sagt Forster, „laufen die großen Produktionszahlen an.” In der neuen Fabrik ist auf jeden Fall noch jede Menge Platz.  Viel wird davon abhängen, wie professionell der Hochlauf der Produktion in den britischen Midlands gemanagt wird. Noch erinnert die 2000 Quadratmeter große Halle eher an eine Manufaktur als an eine Autofabrik. Bis ein Auto fertig wird, dauert es eine ganze Woche. Forster und Liedtke sind aber sicher, dass schon auf kurze Sicht wesentlich kürzere Taktzeiten zu realisieren sind.

Der Markt für kleine Lieferfahrzeuge mit E-Antrieb entpuppt sich immer mehr zur Spielwiese für automobile Newcomer. Große Hersteller zeigten bisher – bis auf Ford, das zusammen mit der Post den Nachfolger des Aachener “Streetscooters” baut – wenig Interesse. Gerade im urbanen Lieferverkehr könnte sich die Elektromobilität aber schnell durchsetzen. Nach wie vor drohen Diesel-Fahrverbote, und anders als private Nutzer können Lieferbetriebe relativ einfach absehen, wann ihre Fahrzeuge unterwegs sind, und wann sie zum Laden an die Stromtankstelle zurückkommen.

Giovanni Pamio bleibt in Haft

Der frühere Audi-Manager Giovanni Pamio wird sich wohl auf eine längere Haft einstellen müssen. Seine Anwälte verzichteten bisher darauf, einen Antrag auf Haftprüfung zu stellen. Offenbar rechnen sie selbst nicht damit, dass die Justiz ihren Mandanten vorläufig entlässt. In der Praxis fühlen Anwälte mündlich beim Ermittlungsrichter vor, ob ein Antrag Sinn Aussicht auf Erfolg hat. Der Grund für die harte Haltung der Justiz dürfte die italienische Nationalität Pamios sein, die für den Ermittlungsrichter ein Indiz für Fluchtgefahr ist sowie die Schwere der Vorwürfe gegen den Ex-Audi-Mann. Wegen der Komplexität des Falls dürfte es wohl noch eine Weile dauern, bis Anklage erhoben werde, heißt es bei der Staatsanwaltschaft.

Pamio, früher Chef der Thermodynamik bei Audi, sitzt seit Anfang Juli in München in Untersuchungshaft. Er soll frühzeitig von der Existenz der Diesel-Schummelsoftware gewusst und in seinem unmittelbaren Verantwortungsbereichdarauf gedrungen haben, den US-Behörden die Wahrheit über die Abgasreinigung von Audi-Motoren vorzuenthalten. Je länger er einsitzt, desto wahrscheinlicher dürfte es sein, dass er Namen weiterer Verantwortlicher bei Audi oder Volkswagen nennt – und damit Gesprächsstoff für die Wahlkämpfe im Bund und in Niedersachsen liefert.