Archiv für den Monat: Dezember 2019

Verstärkter Schub für die Volkswagen-Elektro-Strategie

VW steigert erneut seine Investitionen in die Elektromobilität. Bisher war geplant, bis 2024 neun Milliarden Euro für die Technologie auszugeben – jetzt sind es elf Milliarden. 2020 sollen acht Elektro- bzw. Hybridfahrzeuge von VW auf den Markt kommen.

Der Marktstart des ID.3, mit dem VW die Golfklasse elektrisieren will, ist eigentlich für die Mitte des Jahres geplant. Wie das „Manager Magazin“ berichtet, bremsen allerdings zurzeit Softwareprobleme die Produktion. Rund 10.000 Autos müssten auf Parkplätzen abgestellt werden, heißt es, damit mobile Service-Fachkräfte wichtige Uptdates auf die ersten 10.000 Pkw aufspielen könnten.

Nach dem ID.3 ist der Start es ID.4 (aka ID next) geplant, eines SUV. Die Fahrzeugklasse steht zwar in der Kritik, bringt aber besonders gute Margen und garantiert Kundeninteresse. Der ID.4 soll sich nach Möglichkeit zwei Millionen mal verkaufen, damit Volkswagen seine Ziele erreichen kann: 2022 sollen unterm Strich ein Cash-Flow von über zwei Milliarden Euro und eine operative Rendite von mindestens sechs Prozent stehen.

Dasselbe Renditeziel gab 2014 übrigens der damalige VW-Vorstandschef Manfred Winterkorn aus. Damals war die Rendite der Kernmarke unter zwei Prozent gerutscht. Winterkorn kam bekanntlich nicht mehr dazu, seine angekündigten Aufräumarbeiten bei VW durchzuziehen – das machen jetzt seine Nachfolger. VW-Finanzvorstand Arno Antlitz vermerkt mit einigem Stolz, dass der Hersteller seine Zahlen verbessert, obwohl das Umfeld schwierig ist. Unter anderem bremst der Handelskrieg zwischen USA und China. In China verkauft olkswagen über 40 Prozent seiner Autos.

Emissionsfrei auf der letzten Meile

Der Bedarf an Lieferfahrzeugen wächst und wächst. 2018 wurden in Deutschland 3,5 Milliarden Sendungen im KEP Bereich (Kurier-, Express-, Paketdienste) ausgeliefert. 2023 könnten es 4,4 Milliarden Sendungen sein. Der Markt ist allerdings stark umkämpft. Firmenkunden rechnen noch genauer nach als private Käufer und wollen die Kosten des laufenden Betriebs begrenzen.

So viel Reichweite wie nötig, um Laderaum zu sparen

Bei einem neuen Lieferwagen wie dem E-Sprinter von Mercedes ist der Preis also ein heikler Punkt. Erst auf den letzten Metern vor der ersten Auslieferung will ihn der Hersteller bekanntgeben. Probefahren immerhin konnte man ihn schon früher.

Der Transporter kommt optional mit zwei verschiedenen Akku-Packs – entweder für 41 kWh für 120 oder 55 kWh für 168 Kilometer Reichweite. Hört sich nach nicht besonders viel an, ist jedoch ausreichend, heißt es bei Daimler. Schließlich seien die meisten Lieferwagen pro Tag nur 60 bis 80 Kilometer unterwegs. Ein erster Versuch mit Hermes, der bereits 100 Exemplare des E-Sprinters bestellte, habe dies ergeben. Größere Batterien wären theoretisch möglich gewesen, hätten aber Platz weggenommen, der dann im Laderaum fehlen würde.

Beim Einstieg einen Sprinter, der mit dem größeren Akkupack fährt, zeigt das Display allerdings eine Reichweite unter 120 Kilometer an. Wie das? Die Erklärung von Mercedes: Die Elektronik merke sich den Fahrstil des aktuellen Fahrers – sei das Auto zuletzt dynamisch gefahren worden, werde die zu erwartende Reichweite nach unten korrigiert.

Maximale Rekuperation erleichtert Stop-and-go

Wer Batterie- und Reichweiten-schonend unterwegs sein will, kann dies über zwei Schaltpaddel am Lenkrad einstellen, die die Rekuperation einstellen. Auf der höchsten Stufe bremst der Kastenwagen bis auf Schrittgeschwindigkeit herab, wenn man vom Gas geht. Ideal für den Stop-and-go-Verkehr. Über einen Kippschalter lassen sich außerdem verschiedene Leistungsmodi von äußerst sparsam bis beweglich einstellen. Je nach Modus leistet der Antrieb dann 70 bis 85 KW. Daten über die Beschleunigung gibt Mercedes-Benz nicht an, gefühlt ist der Sprinter auch im sportlichen Modus eher gemütlich unterwegs. Aber ein Lieferwagen ist ja auch kein SUV.

Ansonsten fährt der Sprinter leicht und beweglich durch den Verkehr, verwöhnt den Fahrer allerdings in der Grundausstattung mit keinerlei digitalem Schnickschnack. Ein Radio, ein Display mit allen nötigen Infos zu Geschwindigkeit und Akkuladung, ein Totwinkelwarner – das war’s dann schon. Das digitale Cockpit MBUX gibt’s in verschiedenen Varianten gegen Aufpreis. Die Einbaurate beim herkömmlichen Sprinter liege bei 75 Prozent, heißt es bei Daimler.

Seinen Kunden bietet Daimler eine Rundum-Beratung und Kostenkalkulation. Dabei wird der Aufwand für die Installation von Ladesäulen mit einberechnet. Wer will, kann vom Daimler-Partner The Mobility House ein Rundum-Sorglos-Paket mitbuchen. Dann sorgen die Experten dafür, dass die Ladesäulen rechtzeitig stehen. Eine ausgefeilte Lade-Software verteilt die Last fürs Stromnetz außerdem so über die Nacht, dass der örtliche Stromversorger keine Extra-Gebühren berechnen muss.

Bis 2025 will Daimler bei den elektrischen Transportern einen Marktanteil von zehn bis 15 Prozent besetzen. Erst wird der deutsche Markt erobert, dann Europa. In China dagegen wird der E-Sprinter nicht so schnell starten. Dort ist eine höhere Energiedichte pro Kilogramm Batterie vorgeschrieben. Aber vielleicht findet Daimler-Partner Geely ja noch eine Möglichkeit, den Markt in China in Angriff zu nehmen.

Die Entdeckung der Einfachheit

Deutsche Autobauer können Produktion. Doch bei der Software, die den Pkw mit seinen immer komplexeren Funktionen am Leben erhält, verheddern sich die Entwickler immer wieder. Die Folge sind Schwachstellen, die Millionenkosten verursachen. Wollen sie ihre Autos für die steigenden Ansprüche der Kunden hochrüsten, müssen die Ingenieure im Inneren des Pkw radikal aufräumen.

My car is my castle – Carsharing wartet noch auf seinen Durchbruch

Autofahren ist großartig, ein Auto Besitzen ist gestrig. So oder so ähnlich lassen sich die Prognosen zum Carsharing, Ride-Hailing oder anderen Formen geteilter Mobilität beschreiben, die seit Jahren auf Branchenevents präsentiert werden. Die neueste Analyse des CAR-Centers Automotive Research der Uni Duisburg-Essen zeigt das Gegenteil: In Deutschland werden immer mehr Autos zugelassen, während die Nutzerzahlen der Shared-Mobility-Dienste überschaubar bleiben.

Kamen 2009 noch 504 Pkw auf 1000 Einwohner, so CAR-Experte Ferdinand Dudenhöffer, ist die Pkw-Dichte auf zuletzt 567 Pkw pro 1000 Einwohner gestiegen. In absoluten Zahlen: Der Pkw-Bestand wuchs seit 2009 von 41,3 auf 47,1 Millionen.

Gleichzeitig melden Carsharing-Anbieter zwar steigende Kundenzahlen – mittlerweile sind es fast 2,5 Millionen. Aber bei den meisten Nutzern, argwöhnt Dudenhöffer, handele es sich um Karteileichen. Die Flotte aller Anbieter zusammen umfasse nur 20.200 Autos, also nur einen kleinen Bruchteil aller gemeldeten Pkw.

Von dauerhafter Profitabiität sind die Unternehmen noch weit entfernt. Spannend bleibt wohl, wie lange ShareNow, das Gemeinschaftsunternehmen von Daimler und BMW, durchhält. Keiner der beiden Konzerne hat aktuell Geld zu verschenken. Innerhalb weniger als zwei Jahren, unkte kürzlich ein Auto-Manager, werde wohl BMW-Chef Oliver Zipse die Reißleine ziehen.