BMW: Big Data wird zu Big Business

Ein Autohersteller baut Autos, und zwar möglichst viele. Autohersteller, deren Anteil an den Neuzulassungen stagniert oder sinkt, die weniger neue Modelle auf den Markt bringen als die Konkurrenz, wirken abgehängt. So funktionierte die Autowelt bis gestern, so funktioniert sie auch heute noch zum Teil. BMW bekam diese Mechanismen in den letzten Monaten immer wieder zu spüren. Dem Management wird mangelnder Biss vorgeworfen, nachdem Mercedes BMW 2016 bei den Verkaufszahlen überholte.

Allerdings betonte der Vorstand schon 2015, es komme in Zukunft nicht mehr darauf an, Marktanteile bei den Neuzulassungen um jeden Preis zu halten. Vielleicht lässt sich ja auf anders noch viel mehr Geld verdienen?

Autos erzeugen permanent Daten, eine Fundgrube für Anbieter verschiedenster Produkte und Dienstleistungen. BMW macht jetzt einen entscheidenden Schritt, um diese Daten zu verwerten, mit „BMW CarData“. Der Hersteller versucht sich dabei an einem Paradoxon – er will neue datengestützte Services ermöglichen und seinen Kunden gleichzeitig das Gefühl vermitteln, seine Privatsphäre bleibe geschützt, er werde nicht ausspioniert. „Der Schutz der Fahrzeugdaten gehört zu unserem Verständnis von Premium beim hochvernetzten Fahrzeug. Das erwarten Kunden von uns“, so BMW-Vorstand Peter Schwarzenbauer. „Damit geben wir den Kunden die Möglichkeit zu entscheiden, was mit den Daten passiert.“

Künftig soll der BMW-Fahrer beispielsweise maßgeschneiderte Versicherungstarife abrufen können oder persönlich angepasste Infotainment-Angebote. Die Provisionen hierfür sind gering: pro Datenabruf verlange BMW von den externen Dienstleistern 29 Cent, begrenzt auf fünf Euro im Monat, heißt es. Gut möglich natürlich, dass diese niedrige Gebühr irgendwann einmal gegen ein einträglicheres Vergütungsmodell ausgetausch wird.

Die Fahrzeugdaten sollen verschlüsselt über die Sim-Karte des Autos an BMW-Server übertragen und von dort an Service-Anbieter weitergeleitet werden. Per Mausklick kann der Kunde entscheiden, welches Unternehmen seine Daten bekomme, welches nicht. Starten soll das Ganze ab sofort in Deutschland und nach und nach auf weitere Länder ausgeweitet werden.

„CarData“ könnte ein Baustein für neue Geschäftsmodelle von BMW werden, einen anderen kündigte das Unternehmen bereits vor kurzem an. Elmar Frickenstein, zuständig für die Entwicklung des Autonomen Fahrens, erläuterte, dass BMW als Zulieferer für andere Autokonzerne auftreten werde. Die Kosten für die Entwicklung der Sensortechnik und Software für Roboterautos dürften in die Milliarden gehen, nicht jeder Hersteller hat genügend Geld, um mit eigener Technologie in Vorleistung zu gehen. Was liegt also näher für BMW, als sich einen Teil des Aufwands von anderen Autobauern zurückzuholen.

Weltweit dürfte sich in den nächsten Jahren die Spreu vom Weizen trennen: Auf der einen Seite innovationsstarke Player, die zusammen mit ihren Zuliefereren die Technologieführerschaft übernehmen, auf der anderen Seite Unternehmen wie beispielsweise Fiat Chrysler, die möglicherweise besser beraten sind, große Anteile der Wertschöpfung von der Konkurrenz zu beziehen. Womit sich für Premiumhersteller die Frage nach dem aktuellen Ranking in der Zulassungstatistik zum Teil erübrigt – entscheidender dürfte sein, wie ein Konzern aus der gesamten Wertschöpfung rund ums Auto die größten Erträge generiert.