Chinas Autos für die Welt

Eine komplett deformierte Fahrgastzelle, berstende Seitenstreben: Der Spott und die Häme in Deutschland waren groß, als vor rund zehn Jahren die ersten Importe chinesischer Hersteller am Crashtest scheiterten. Aber die Chinesen haben aufgeholt. Die Messe Auto Shanghai gibt einen Vorgeschmack auf künftige Modelle, die so oder mit leichten Änderungen auch in Europa auf den Markt kommen werden.

Aktuell wird der chinesische Automarkt heftig durchgeschüttelt. Strengere Regeln für private Kreditplattformen, der schwelende Handelsstreit zwischen China und den USA und massive Überkapazitäten gefährden die Hersteller. Die Verkaufszahlen gingen im März um zwölf Prozent zurück. Fabrikschließungen und Insolvenzen sind 2019 nicht auszuschließen. Neun von zehn Autobauern müssten um ihr Überleben bangen, sagt Jochen Siebert, der seit Jahren in China Autozulieferer berät.

Aber ab Mitte des Jahres dürfte der Markt wieder Tritt fassen, so Siebert. Auch Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer rechnet mit einer Erholung des Marktes. Und er ist sich sicher: „Das Auto der Zukunft kommt aus China.“ Der Grund sei der Vormarsch der Elektromobilität in China in Verbindung mit der schieren Größe des Marktes. „Die chinesische Elektro-Quote wirkt“, so Dudenhöffer. „Im Jahr 2020 werden es mehr als drei Millionen Elektroautos sein, die in China ihren Käufer finden. China ist für das Auto von morgen ‚der“ Markt.“

Und möglicherweise auch „der“ Exporteur. Schon in wenigen Monaten werden die ersten Elektroautos aus chinesischer Produktion bei uns auf der Straße fahren. Ende 2019, Anfang 2020 will der Geely-Hersteller Lynk&Co mit dem Elektro-SUV 01 in Europa angreifen. Auch der künftige Elektro-Smart des neuen Gemeinschaftsunternehmens von Geely und Daimler wird in China gebaut werden. Renault bringt mit dem KZ-E einen günstigen City-SUV, der in Wuhan gebaut wird. Noch schweigen die Renault-Chefs zu einem möglichen Marktstart in Europa, aber es wäre schon sehr überraschend, wenn sie das Auto nicht auch bei uns verkaufen wollten.

An erster Stelle dürften bei der Eroberung der westlichen Märkte Autobauer stehen, die mit etablierten Herstellern Europas kooperieren. Die große Zahl der chinesischen Hersteller, die nur für den lokalen Markt produzieren, seien technisch noch nicht so weit, mit westlichen Wettbewerbern konkurrieren zu können, sagt Jochen Siebert.

Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Ein großer Pluspunkt der Chinesen ist der Heimatmarkt: Neuwagenkäufer sind hier um die 30 (Deutschland: über 50) Jahre alt und ausgesprochen technologieaffin. Digitale Features können die Chinesen erst auf dem lokalen Markt erproben und sie dann im Ausland einsetzen.


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