Volkswagen: Endlich profitabel, endlich öko

Der Hersteller wird effizienter und umweltbewusster

Der Wunsch, endlich wirklich profitabel zu werden, hat eine zähe Tradition bei Volkswagen, genauso das Unvermögen, ihn Wahrheit werden zu lassen. Markenvorstand Herbert Diess wurde von BMW geholt, um die Produktion auf Vordermann zu bringen, und mittlerweile scheint sich wirklich etwas bei VW zu tun.

Zwischen 2015 und 2020 will VW jährlich eine MIlliarde Euro pro Jahr in der Produktion einsparen, unter anderem durch Personalabbau. Bis 2025 werde sich der Hersteller beim Bau von Elektroautos, was die Geschwindigkeit angeht, an die Spitze der Branche setzen, verspricht Peter Bosch. Er ist bei VW dafür zuständig, Produktion und Logistik auf Vordermann zu bringen. Über die Anzahl der Arbeitsstunden, die VW heute für den Bau eines Autos veranschlagen muss, schweigt er sich genauso aus wie über den exakten Abstand zu den Branchenbesten in Asien. „Die Lücke ist groß. Aber es lohnt sich, anzugreifen“, ist er sich sicher. Vom Vorstand bis hinunter zum Management einzelner Lackierereien oder Montagestraßen sei das Effizienz-Programm durchgeplant, und wenn sich ein Verantwortlicher der Fitnesskur widersetze, werde sich dies auf seinen Bonus auswirken.

Sämtliche Werke müssen in einer für alle einsehbaren Dokumentation darstellen, wie genau sie ihre Effizienz steigern wollen – oder es schon geschafft haben. Das kann als interner Wettbewerb aufgefasst werden, oder auch als hilfreiches Handbuch. Will ein Werksleiter aus Deutschland verstehen, warum die Kollegen in Mexiko kostengünstiger produzieren, braucht er nur nachzulesen, wie sie sich in den vergangenen Jahren neu organisiert haben. Den deutschen Standorten fiel es wegen der höheren Löhne und der zum Teil antiquierten Strukturen bislang schwerer, im internen Wettstreit schnell gute Zahlen vorzulegen, oder, wie Bosch es diplomatisch formuliert: „In Wolfsburg haben wir ein riesen Potential.“

Eine ganze Reihe von Maßnahmen soll die Produktivität um 25 Prozent verbessern, unter anderem der Verzicht auf den teuren Bau von Prototypen vor dem Serienanlauf und Software, die es ermöglicht, dass Roboter ohne trennende Zäune mit Menschen zusammenarbeiten. Bis 2030 will Volkswagen Autofabriken organisieren, die sich selbst steuern und Fehler in der Produktion korrigieren, so dass der Mensch nicht nacharbeiten muss.

Fast die Hälfte weniger Umweltverbrauch bis 2025

Ökologisch soll das Ganze auch noch sein. Bis 2025 sollen die Umweltauswirkungen der Produktion im Vergleich mit 2010 um 45 Prozent reduziert werden. Willkommener Nebeneffekt des Programms „Think Blue. Factory“: Bisher wurden 131 Millionen Euro eingespart.

Auf dem Weg zur Blauen Fabrik helfen technische Innovationen und Beharrlichkeit. Welche Fortschritte möglich sind, zeigt beispielsweise die Wolfsburger Lackiererei für Kunststoffteile. Wo früher Unmengen Strom und Wasser verbraucht und giftige Abwässer produziert wurden, tragen heute Roboter feindosiert Lacke auf, werden Stoßdämpfer mit Kristallen aus Kohlendioxid gereinigt, das bei der industriellen Herstellung von Ammoniak angefallen ist und Lackpartikel mit Steinmehl gebunden, das anschließend als Hausmüll entsorgt oder beispielsweise für den Straßenbau verarbeitet werden kann. Die moderne Anlage spart im Jahr gegenüber früher 2.603 Tonnen CO2, 25.700 Megawattstunden Strom, 28.885 Kubikmeter Wasser, 6,9 Tonnen Staub und 95 Tonnen flüchtige organische Verbindungen.

Auch bezüglich des Umweltschutzes gibt Volkswagen seinen Werken verbindliche Einsparziele vor, was naturgemäß zu Murren im Unternehmen führt: In den Fabrikhallen des Werks Wolfsburg etwa ist die Montage im ersten Stock untergebracht. Der Grund: Der Stammsitz liegt in einem früheren Sumpfgebiet, wohl aus Sicherheitsgründen wollte niemand das schwere Gerät ebenerdig anordnen. Die Teile nach oben zu schaffen und fertige Autos nach unten verbraucht Energie ­– wie sollen da möglich sein, Kilowattstunden und CO2-Emissionen einzusparen?

Aber es hat ja auch niemand behauptet, es werde leicht, die ehrgeizigen Vorgaben umzusetzen.


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