Teure Mobilitätswende: die Autoindustrie in der Kostenfalle

Alle Welt redet von niedrigeren Emissionen und der Elektromobilität. Kein Kongress ohne Keynote, in der das Sterben des Verbrenners und die goldene Zukunft des Elektromobils beschworen werden. Die Branche begeistert sich auf Geheiß der Politik für alternative Antriebe – aber noch ist unklar, wie die Mobilitätswende finanziert werden soll.

Die Komponenten für die wichtigste Komponente eines Elektroautos, die Batterie, werden  von asiatischen Herstellern geliefert, die weitaus weniger pflegeleicht sind als europäische Mittelständler. Damit kommt das über Jahrzehnte gepflegte Geschäftsmodell der Autofertiger – möglichst wenig selbst machen, möglichst viel Wertschöpfung auf Zulieferer abwälzen – unter Druck.

„Die Kosten für eine Batterie belaufen sich pro Auto auaf 15 000 bis 20 000 Euro“, so Ford-Deutschlandchef Gunnar Herrmann. Etwa 80 Prozent davon seien direkte Rohstoffkosten. Diese würden sich durch die Volatilität der Rohstoffpreise häufig kurzfristig um zehn bis 15 Prozent verändern. Der Alptraum für jeden Einkaufschef.

Immer wahrscheinlicher wird, dass sich doch noch ein oder gar mehrere europäische Konsortien  bilden, um eine eigene Zellenfertigung aus der Taufe zu heben. „Jeder rechnet die Investitionen zurzeit durch”, heißt es bei Ford. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) verspricht eine Förderung in Höhe von einer Milliarde Euro. Damit wäre immerhin eine Anschubfinanzierung sichergestellt.   Bis zum 24. Februar sollen die Firmen angeblich ihre Vorstellungen für neue Werke in Brüssel vorlegen. Bei einem Treffen mit Vertretern der Autobranche, dem Anlagenbau, Chemieunternehmen und der IG Metall habe der Minister diese Woche sogar angekündigt, sich für eine sichere Versorgung mit Rohstoffen für Batteriezellen einzusetzen, heißt es.

Lieber selbst Batteriezellen bauen, als sich erpressen zu lassen

Der prognostizierte Bedarf an Batteriezellen ist immens. Allein VW wird jährlich 150 Gigawattstunden benötigen, so der Konzern. Die äußerst selbstbewusste Preispolitik der asiatischen Zellen-Lieferanten jagt de Branche Angst ein. Sobald die Nachfrage nach ihren Produkten steigt, werden Autofirmen – wie kürzlich Audi bei der Einführung des e-tron – mit zweistelligen Preisaufschlägen zur Kasse gebeten. Gut möglich also, dass künftige Batterien umso teurer werden, je mehr Stromer die Kunden kaufen.

Saubere, individuelle Mobilität nur für die Reichen?

Auch die Brüsseler CO2-Ziele stellen die Industrie vor Herausforderungen. Nach früheren EU-Plänen sollten die Emissionen bis 2030 gegenüber dem Stand von 2020 um 30 Prozent reduziert werden  – also von 95 Gramm CO2 pro Kilometer im Jahr 2020 auf circa 66,5 Gramm 2030. Das entspreche einem Auto mit 3,4 Liter Verbrauch, heißt es. Die kürzlich vom Europäischen Rat beschlossene Reduktion um 35 Prozent auf 61,75 Gramm/km setze sogar einen Verbrauch von nur noch 2,3 Liter auf 100 km voraus.

Zu schaffen ist das nur mit supersparsamen Motoren – oder mit einem hohen Anteil von Hybriden und Elektroautos.  Ferdinand Piech trieb das Ein-Liter-Auto voran, doch wirklich angekommen in der Massenproduktion sind Autos mit sehr niedrigen Verbräuchen noch nicht.

Ford-Geschäftsführer Clemens Doepgen kann sich aktuell schwer vorstellen, wie  auch in Zukunft preiswerte Autos verkauft werden können.  Für Einkommensschwache Bevölkerungsschichten  wird die individuelle Mobilität deutlich weniger erschwinglich werden, fürchtet er.

Einziger Ausweg: Die Hersteller verkaufen in Regionen mit geringer Kaufkraft weiter Verbrenner mit hohen CO2-Werten und drücken die Flottenwerte mit einem überproportional hohen Verkauf von Elektro-Pkw in den urbanen Zentren Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs. „Wir müssten dann etwa 35 bis 40 Prozent unseres Absatzes mit Elektroautos generieren”, so Herrmann.

Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg.


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